TOM. LII

In der vorliegenden Arbeit wird die Sprache ostslavischer geistlicher Lieder des 17. und 18. Jahrhunderts, so genannter kanty, vor dem Hintergrund ihrer kulturellen Situiertheit aus unterschiedlichen methodischen Perspektiven analysiert. Als Untersuchungskorpus dienen einerseits umfangreiche bereits publizierte Editionen, andererseits noch nicht edierte Handschriften. Die galizische Handschrift ASP 233 wird im Rahmen der Arbeit paläographisch und philologisch untersucht und beschrieben, weiterhin wird ein Großteil der in ihr enthaltenen Lieder im Anhang ediert. Einer umfangreichen Erläuterung der Sprachsituation im ruthenischen Raum, dem Entstehungsgebiet der kanty, folgt die Diskussion ihrer genrespezifischen Implikationen. Diese sind insofern hochinteressant, als die kanty sich mit dem Dilemma konfrontiert sahen, aufgrund ihrer genrespezifischen Vorgaben sich sprachlich einerseits sakral, andererseits volkssprachlich – das heißt einerseits kirchenslavisch, andererseits ruthenisch – zu realisieren. Ausgehend von diesem Dilemma wird das Untersuchungskorpus differenziert für die einzelnen sprachlichen Ebenen analysiert. Es zeigt sich, dass die Sprache der kanty, die grundsätzlich als ruthenisch zu bezeichnen ist, abhängig von den sprachlichen Ebenen wie der Lautgruppen- oder der lexikalischen Ebene in unterschiedlichem Maße kirchenslavisiert ist. Hierdurch konnte offenbar den widerstreitenden genrespezifischen Vorgaben Genüge getan werden. Schließlich wird unter Zuhilfenahme kontaktlinguistischer Ansätze und der in der Analyse erzielten Erkenntnisse die ruthenische Schriftsprache in ihrer Eigenschaft als Kontaktvarietät beleuchtet. Die vorliegende Studie wendet sich an Slavisten, Sozio- und Kontaktlinguisten sowie Musikhistoriker.

(ISBN 978-3-921940-49-5)
118,00 

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